Die Wandfarben-Testmaschine

Wie kann man vermeiden, dass sich nach dem Ausmalen Risse bilden? Neue, patentierte Messverfahren der TU Wien zeigen schon vorher, welche Wandfarbe die beste ist.

Die Testmaschine

Die Farbe (unten) wird gedehnt, bis sich Risse bilden. Foto: TU Wien

Wer Wohnungen renoviert, kennt das Problem: Kein Gebäude ist ein perfekt starrer Körper. Wände und Decken können sich im Lauf der Zeit minimal bewegen, und dann kommt es oft zu Rissen in der Wandfarbe. Bisher gab es keine zuverlässige Testmethode, mit der man messen konnte, ob eine Wandfarbe dehnfähig genug ist, um Risse dauerhaft zu verdecken. An der TU Wien entwickelte man gleich zwei verschiedene Verfahren, die dabei Hilfe bieten – beide wurden nun patentiert.

Neu renoviert und schon wieder sanierungsbedürftig

„Wenn man Risse in der Wand vermeiden will, muss man die richtigen Materialien auswählen – von der Spachtelmasse bis zur Innenwandfarbe. Dabei musste man sich bisher in erster Linie auf Erfahrungswerte verlassen“, sagt Dr. Aleksandar Radoevski. „Immer wieder führt das dazu, dass sich in neu renovierten Gebäuden schon nach einigen Monaten wieder hässliche Risse bilden und eine erneute Sanierung nötig wird.“

Aleksandar Radoevski entwickelte daher Methoden, das Dehnverhalten von Innenraumbeschichtungen und Beschichtungssystemen zuverlässig zu charakterisieren, um genau vorhersagen zu können, mit welchen Beschichtungen sich Risse so gut wie möglich vermeiden lassen. Seine Arbeit, die er am Institut für Hochbau, Baudynamik und Gebäudetechnik der TU Wien durchführte, wurde u.a. von der Hochschuljubiläumsstiftung der Stadt Wien finanziert und bereits 2018 mit einem Christiana-Hörbiger-Preis ausgezeichnet.

Schnelltest oder ausführlicher Test

Bei Radoevskis „Biegebalken-Dehnmessverfahren“ wird die Wandfarbe zunächst auf genau definierte Weise auf einen Balken aufgetragen. Dann wird die beschichtete Seite des Balkens innerhalb von fünf bis fünfzehn Minuten langsam gedehnt. Eine Kamera nimmt von dieser Balkenseite jede Sekunde zwei hochauflösende Bilder auf – so lässt sich danach präzise auswerten, bei welcher Dehnung Risse auftreten. Entscheidend ist, wann eine Rissbreite von 0,2 mm erreicht wird – das ist nach einschlägiger DIN-Norm die Grenze, ab der ein Riss als Mangel gilt.

„Diese Testmethode ist einfach und lässt sich in sehr kurzer Zeit durchführen“, sagt Aleksandar Radoevski. „Das ist perfekt für die Qualitätskontrolle in der Serienproduktion – wenn man etwa als Farbenhersteller überprüfen möchte, ob die Farbe nach wie vor die geplante Dehnfähigkeit aufweist.“ Allerdings hat diese Methode auch einen Nachteil: Der Balken, auf den die Farbe aufgetragen wird, muss aus einem bestimmten Trägermaterial bestehen. Dabei verwendet man idealerweise ein Material, das der Wand, die man ausmalen möchte, möglichst ähnlich ist. Manchmal möchte man aber die Farbe selbst untersuchen können, ganz unabhängig vom Trägermaterial. Auch dafür wurde eine Lösung gefunden.

„Wir haben untersucht, wie man aus der Farbe alleine einen Probekörper herstellen kann, den man dann in einem Dehnversuch untersucht – ganz ohne Trägermaterial“, berichtet Aleksandar Radoevski. „Diese Methode ist etwas aufwändiger und dauert länger, aber dafür ist sie auch genauer.“

Geringere Sanierungskosten

Beide Verfahren wurden mit Unterstützung des Forschungs- und Transfersupports der TU Wien zum Patent angemeldet. „Durch diese Verfahren ist es nun möglich, für einen bestimmten Einsatzzweck die genau passende, ausreichend dehnfähige Wandbeschichtung zu finden“, sagt Radoevski. „Damit wird die Sanierung von Rissen in Bauwerken nicht nur qualitativ hochwertiger, sondern auch kosteneffizienter.“ Sowohl für Farbhersteller als auch für Prüfinstitute bringen die beiden Verfahren daher große Vorteile.

 

Nähere Information

Weiter technische Details

Kontakt

Dr. Aleksandar Radoevski
Institut für Hochbau, Baudynamik und Gebäudetechnik
Technische Universität Wien
T +43650-8320211
a.radoevski@gmx.at