Die recycling-orientierte Kreislaufwirtschaft ist eine wichtige Maßnahme für eine klimaneutrale Zukunft. Mit dem Digital Waste Research Lab (DWRL) nimmt die Montanuniversität Leoben – Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft – eine neue einzigartige Forschungsinfrastruktur in Betrieb. Diese Infrastruktur stellt einen wichtigen grundlagenorientierten, aber auch experimentellen Meilenstein für die zukunftsorientierte kooperative Forschung dar. Der Schwerpunkt der Forschung ist die partikel-, sensor- und datenbasierte Abfall- und Recyclingtechnik. Ein weiterer fachlicher Schwerpunkt ist die Digitalisierung der Abfallaufbereitungsprozesse.
Feierliche Eröffnung
Heute fand im Beisein von Landesrätin Simone Schmiedtbauer in St. Michael die feierliche Eröffnung statt.
„In der Steiermark liegen wir heute bereits bei einer Recyclingquote von 71 Prozent und sind damit international im absoluten Spitzenfeld angesiedelt. Investitionen in Forschungs- und Demonstrationsanlagen mit hochwertigsten technischen Lösungen, wie das Digital Waste Research Lab, sind ein Garant für die Weiterentwicklung der Ressourcenwirtschaft in der Steiermark und ein wesentlicher Beitrag für Klima- und Umweltschutz“, bekräftigt Landesrätin Simone Schmiedtbauer bei der Eröffnung.
Vizerektor für Forschung Univ.-Prof. Dr. Helmut Antrekowitsch unterstreicht bei der Eröffnung: „Mit der neuen Forschungsanlage bauen wir neue technologische Kompetenzen auf und stärken die industrienahe Forschung. Wir können dadurch strategische Partnerschaften mit der österreichischen Industrie vertiefen.“ Wesentliche Kooperationspartner sind dabei Technologieunternehmen wie Siemens, Andritz, Borealis, Komptech, Redwave und Saubermacher. Experimentelle Forschung entlang des Kreislaufs und der Wertschöpfungskette ist das Ziel.
„Ganz neue Wege gehen wir in der Ausbildung unserer Studierenden. In der neuen Forschungsanlage werden die Studierenden der Montanuniversität Leoben innovative digitale Methoden lernen und trainieren. Getreu nach dem Universitätsmotto: „Wo aus Forschung Zukunft wird“, werden unsere zukünftigen Ingenieur*innen im Bereich Umwelt, Recycling und Kreislaufwirtschaft direkt in der Anlage forschen und lernen.
Die Montanuniversität Leoben positioniert sich dadurch noch stärker und wirksamer als die Ressourcen- und Recyclinguniversität Österreichs“, so Antrekowitsch weiter.
Neue Forschungsinfrastruktur
Die neue universitäre Forschungsinfrastruktur ermöglicht kooperative Forschung im Bereich digitaler Abfallanalytik, Abfallverfahrenstechnik sowie im Bereich der computergestützten Abfalltechnik. Sie ist modular aufgebaut und besteht grundsätzlich aus verfahrenstechnischen Aggregaten, verschiedenen Sensoren, einer Sortiereinheit und einer digitalen Datenmanagementplattform.
„Die neue Forschungsanlage ist ein technisches und digitales Werkzeug für Ingenieur*innen. Damit können wir komplett neue Grundlagen wie digitale, sensorbasierte Abfallanalytik und Sortiertechnologien erforschen. Auch unsere Kooperationspartner aus der Industrie haben Fragestellungen, die nur in einer solchen Forschungsanlage untersucht werden können“, erklärt Laborleiter Ass.-Prof. Dr. Renato Sarc.
Lehrstuhlleiter Univ.-Prof. Dr. Roland Pomberger erläutert: „Die große Chance ist, wenn Technologieunternehmen entlang der gesamten Kreislaufwirtschaftskette und die Montanuniversität gemeinsam neue Technologien sowie zirkuläre und digitale Lösungen in der neuen Forschungsanlage entwickeln. Digitalisierung braucht Hardware und die neue Anlage stellt einen wichtigen Baustein des Infrastrukturnetzwerkes dar. Projekte und Partnerschaften werden davon jedenfalls sehr profitieren. Die langfristige Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist der Schlüssel zum Erfolg.“
Langjährige Kompetenz auf Forschungsgebiet
Bereits im Herbst 2023 sowie Frühjahr 2024 sind verfahrenstechnische Großversuche geplant. Diese finden im Rahmen des FFG COMET – Competence Centers for Excellent Technologies – durch BMK, BMAW und Land Steiermark geförderten Projekts „ReWaste F“ statt.
Unter dem Namen „ReWaste Prototype“ sind Versuche geplant, bei denen verschiedene Aufbereitungsmaschinen der Industriepartner Andritz, Siemens, Redwave, Komptech, IFE und EVK eingesetzt werden. Ziel ist der Aufbau und der Test einer „Smart Waste Factory“, bei der verbundene Maschinen durch eine gemeinsame digitale Datenbasis gesteuert und während des Betriebs dynamisch verändert werden. Dadurch sollen noch bessere, materialqualitätsangepasste Sortier- und damit in der Folge Recyclingergebnisse erzielt werden.
„Neue gewonnene Fraktionen und die hergestellten Rezyklate müssen die Qualitätsanforderungen der Produkte von heute und noch viel mehr von morgen erfüllen, damit der Kreislauf nachhaltig geschlossen werden kann“, betonen Sarc und Pomberger.
Zusätzlich stehen bei diesem Großversuch die Einbindung und Verschaltung von Maschinen unterschiedlicher Hersteller im Fokus, wobei der Standard Module Type Package (MTP) verwendet wird. Die gewonnen Daten werden wichtige Basis für intelligente Regelungen legen und auch als Trainingsdaten für Machine Learning Algorithmen und weitere Digitalisierungsthemen genutzt werden.
Statements aus der Wirtschaft
„Mit unseren maßgeschneiderten Produkten und Lösungen in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, Recycling, und Digitalisierung unterstützen wir Kunden und Industriepartner weltweit ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Zentraler Schwerpunkt liegt dabei auf internationaler Forschung und Entwicklung auf höchstem Niveau sowie dem Vorantreiben von Innovationen. Mit dem ReWaste F Projekt und der Eröffnung des Digital Waste Research Labs ist der Montanuniversität Leoben ein Meilenstein gelungen und wir sind stolz darauf zu den Kooperationspartner zu zählen, zumal das Lab und unser ANDRITZ Recycling Technology Center am selben Standort sind. Dies, in Kombination mit Metris – ANDRITZ Digital Solutions -, bietet ein einzigartiges Forschungsumfeld geprägt von Synergien und Partnerschaft“, erklärt Dipl.-Ing. Alexander Wassermann, Senior Vice President und Spartenleiter Paper, Fiber, und Recycling, bei ANDRITZ AG.
„In der chemischen Industrie leben wir hohe Digitalisierungsstandards. Wir sehen den generierten Mehrwert mit der Ambition, dies auch in die Kreislaufwirtschaft zu übertragen“, ergänzt Dr. Harald Herbst, Head of Competence Center Digital Innovation, Borealis Polyolefine GmbH.
„Digitale Lösungen sind ein zentraler Enabler für die Transformation hin zur echten Kreislaufwirtschaft. Saubermacher investiert schon seit einigen Jahren massiv und setzt als Leader in Waste Intelligence in sämtlichen Wertschöpfungsstufen stark auf diese Technologien. Beispielsweise sehen wir in Plattformen das beste Tool, um Optimierungspotenziale in der Abfall- und Ressourcenwirtschaft transparent zu machen und messbar zu heben“, erläutert Dr. Andreas Opelt, COO von Saubermacher.
„Mit maßgeschneiderter Software, KI-Anwendungen und Automatisierungshardware tragen wir dazu bei, Recyclingprozesse zu optimieren. Gemeinsam mit Forschungspartnern wie der Montanuniversität Leoben und Unternehmen aus der Recyclingindustrie entwickeln wir innovative Lösungen mit dem Ziel, dass diese künftig zu globalen Standards werden. So können wir unsere Kunden und Partner bestmöglich bei ihrer digitalen und grünen Transformation unterstützen“, bestärkt Dipl.-Ing. Herbert Tanner, Leiter der Siemens-Niederlassungen in Graz und Klagenfurt und Leiter des Industrie-Softwareentwicklungsteams bei Siemens Österreich.
„Mit dem frisch eröffneten Digital Waste Research Lab und den Unternehmenskooperationen bietet das Green Tech Valley nun europaweit wegweisende Forschungsinfrastrukturen für den Weg zur Kreislaufwirtschaft. Damit wird das Profil der Montanuniversität als Hotspot für zirkuläre Innovationen massiv gestärkt“, betont Bernhard Puttinger, MBA Geschäftsführer Green Tech Valley Cluster GmbH.
Weitere Informationen
Ass.-Prof. Dr. Renato Sarc
Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft
E-Mail: renato.sarc@unileoben.ac.at
Tel.: 03842 402 5105
Mobil: +43 676 8453 86805